Schwarzwälder Bote – September 2019

Schwarzwälder Bote – September 2019

Eutingen-Göttelfingen – Eigentlich wäre die Fahrt mit dem Fahrrad von Göttelfingen nach Südtirol schon eine Geschichte wert, doch Ute und Markus Schneider können noch viel mehr berichten, denn sie arbeiteten dort ehrenamtlich auf einem Bauernhof mit.

Über eine Bekannte hatte Ute Schneider vom Verein „Freiwillige Arbeitseinsätze in Südtirol“ erfahren, der von der örtlichen Caritas, der Lebenshilfe, dem Jugendring und dem Bauernbund getragen wird. Der Verein vermittelt Helfer, die eine Zeit lang auf einem von 300 Bauernhöfen ehrenamtlich mitanpacken und dafür kostenfrei verpflegt werden. „Das sind aber keine Ferien auf dem Bauernhof“, betont Schneider, die bei ihrer Recherche herausfand, dass nur Bergbauernfamilien vermittelt werden, die ihre Arbeit unter Extrembedingungen umsetzen müssen und dafür von der Agrarpolitik lediglich eine kleine Unterstützung erhalten würden. Deshalb wären sie auf ehrenamtliche Helfer während der Haupterntezeit angewiesen.

Schneider ist selbst in der Landwirtschaft aufgewachsen und musste ihren aus der Nähe von Passau stammenden Mann Markus kaum überreden. Das Paar setzte die Prioritäten auf Helfen bei der Heuernte und im Haushalt, worauf der Verein fünf Höfe vorschlug. Dann wurde ihnen ihr priorisierter Hof zugewiesen und diesen besuchten sie kurz vorher, um sich ein Bild zu machen.

Mit dem Fahrrad fuhren sie in den Pfingstferien von Göttelfingen über Stetten am kalten Markt in Richtung Bodensee, wo sie in Friedrichshafen übernachteten. Über Bregenz, Landeck, Nauders am Reschenpass fuhren die beiden nach Meran und verbrachten dort auch die Nacht. Während sich an Pfingsten der Arlbergpass noch im Nebel befand, hatten sie bei ihrer zweiten Radtour Glück. Am 28. Juli losgefahren erreichten sie nach 500 Kilometer am 2. August den Südtiroler Bergbauernhof.

Das Heu darf nicht nass werden

Ausruhen war nach der anstrengenden Radtour nicht vorgesehen, denn am nächsten Morgen stand für den Landwirt und Markus Schneider die Heuernte auf 2100 Metern Höhe an. Um sechs Uhr morgens begann daher Ute Schneider, das Frühstück vorzubereiten. Der Landwirt hatte in dieser Zeit schon die Kühe gemolken, sodass Markus Schneider helfen konnte, mit dem Landwirt den Milchbottich für die Abholung zur Straße hochzuschieben. Mit Netzen und Geräten bepackt stiegen die Männer 400 Höhenmeter mehr als eine Stunde zu Fuß zu den Bergwiesen auf, wo das Heu gemäht wurde. „Ich bin sportlich, aber das war körperlich anstrengend“, erklärte Markus Schneider. Immer wieder hatten die Männer das Wetter im Blick, denn das Heu durfte nicht nass werden. Vieles wurde von Hand gemacht, doch zum Mähen hatte Landwirt Sepp einen Balkenmäher.

Am zweiten Tag stand das Wenden und Zusammenrechen und am dritten Tag das Zusammenrechen und Einpacken des Heus in die Netze an. Fast schon „ausgekämmt“ habe der junge Landwirt die hügelige Alm, was Markus Schneider als eine Kunst für sich beschrieb. „Du musstest aufpassen, dass du nicht auf das gemähte Heu trittst, sonst rutschst du am Steilhang aus“, erklärte Ute Schneider, die selbst beim stundenlangen Rechen mithalf. Denn das kostbare „grüne Gold“ wurde bis auf den letzten Grashalm zusammengerecht und in Netze gepackt, immerhin soll es den Kühen von Sepp auch über einen harten Winter hinweghelfen. Von der Bergstation wurde dann Netz für Netz eingehängt und über ein Drahtseil zur Mittelstation „geschossen“. „Das hat geknallt, daher heißt es wahrscheinlich schießen“, meinten die Schneiders. Immer einer musste vorgehen, um dann die Netze auszuhängen. 36 Netze wurden in der Mittelstation ausgehängt und dann zur Talstation geschossen. Dort wurde das Heu ausgepackt und lose auf den Heuwagen gelegt.

Man kommt als Fremder und geht als Freund

Abends holten die Schneiders immer noch freiwillig die Kühe von der Weide. Bauer Sepp brachte sie dann in den Stall. Gegen halb neun oder spätestens halb zehn aßen alle gemeinsam. Danach fielen die Helfer müde ins Bett. „Sepp hat uns immer gefragt: ›Könnt ihr noch? Geht das so?‹ Man muss nichts machen, was man nicht leisten kann“, erklärte Ute Schneider, und dass sie sich bald heimisch gefühlt habe. Außerdem merkte sie an: „Der Spruch stimmt einfach: Du kommst als Fremder und gehst als Freund.“

Durch die harte Arbeit hätten sie auch einen noch intensiveren Bezug zu Lebensmittel erhalten. „Wir haben vorher schon nichts weggeworfen, aber wenn man sieht, wie hart da der Landwirt für seinen Lebensunterhalt arbeiten muss, dann weiß man, welch hohes Gut man hat“, unterstrich Ute Schneider. Sie verarbeitete jeden Tag die Lebensmittel, wie Eier, Milch und weitere Milchprodukte, die zur Verfügung standen.

Am freien Tag erkundeten die Schneiders mit dem Fahrrad den Nachbarort Pfelders. „Uns hat es dort einfach gefallen“, erklärten die beiden. Bei einer zweiten Woche hätten sie aber aufgrund der harten Arbeit zu kämpfen gehabt.

Da es mit dem Fahrrad zu anstrengend gewesen wäre, ließen sich Ute und Markus Schneider von ihren Verwandten mit dem Auto nach ihrem Helferurlaub abholen. Beide sind sich jedoch einig, dass die Zeit in Südtirol und vor allem bei der Heuernte eine unvergessliche für sie war und dass sie diese Erfahrungen nicht missen möchten.