05 Aug Donaukurier.de – Juli 2020
Heuarbeit auf 1400 Metern
Josef Heieis aus Rupertsbuch hilft bei einem Bergbauernhof in Südtirol aus
Workerszell/Schlanders – Bereits zum dritten Mal fährt Josef Heieis aus Rupertsbuch zum freiwilligen Arbeitseinsatz auf einen Bergbauernhof in Südtirol.
Mit im Gepäck luftige Sommerkleidung, Sonnenschutz und griffige Bergschuhe. Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind ein absolutes Muss für die Arbeit während der Heuernte auf den Steilhängen in den Bergen. Josef Heieis fährt gerne zu der Bergbauernfamilie, er fühlt sich dort schon wie zu Hause. Obwohl die mehrwöchige Heuernte körperlich viel abverlangt, macht es ihm Spaß in freier Natur zu arbeiten. „Ich freue mich, wenn ich durch meinen Arbeitseinsatz der Familie helfen kann“, begründet er seinen Aufenthalt in Südtirol. Zwei Wochen hilft er auf dem Bergbauernhof bei Schlanders. Begeistert erzählt er von seiner Arbeit und seinen Erlebnissen: Mein Arbeitstag beginnt um sechs Uhr morgens, während die Lanthalers schon seit halb fünf Uhr auf den Beinen sind. Nach der Stallarbeit und dem Frühstück gehe ich zur Arbeit auf die umliegenden Wiesen und Hänge. Ich fülle meine Wasserflasche mit dem frischen Quellwasser, das ganzjährig vom Berg kommt und auch zum Beregnen der abgemähten Wiesen verwendet wird, dann geht’s los mit der Handarbeit an den Steilhängen, wo ein maschineller Einsatz unmöglich ist, Mähen mit dem Buckelmäher, Nachrechen mit dem Ziehrechen, Heuwenden mit Gabel und Rechen.
An einem schattigen Plätzchen auf einem Felsvorsprung unterm Kirschbaum machen wir Rast bei „Holbmittog“ (kleine Brotzeit), wie es die Südtiroler nennen, und genießen bei Grillenzirpen, Kuckucksrufen und Kuhglockengeläut die Aussicht hinunter ins Tal mit Apfelplantagen oder auf die Dreitausender mit teils noch schneebedeckten Gipfel wie Laaserspitz oder Hasenöhrl. Eine Smaragdeidechse raschelt derweil im Heu und verschwindet in eine kleine Felsspalte. Zu Mittag gibt es Südtiroler Hausmannskost, Speckknödel oder Ziegenfleisch. Die Lanthalers sind Selbstversorger. Butter, Käse, Milch, Eier, Speck, Kaminwurzen, Marmelade, Holunder-/Minzesirup mit Quellwasser stehen auf dem Tisch. Am Nachmittag wird Heu mit dem Transporter eingefahren wo es das Gelände zulässt. Im Stadel gabeln wir das Heu in den Stock, „Schöpfen“ nennen das die Südtiroler, alles nur mit der Heugabel und mit starker Willenskraft.
So gegen 17 Uhr gibt’s dann nochmals eine kleine Brotzeit, die Marende. Die ganze Familie versammelt sich am Tisch, um sich wieder ein bisschen zu stärken. Danach teilt sich die Familie auf. Einige erledigen die Stallarbeit, für die erst noch die Milchkühe von der angrenzenden Weide geholt werden müssen. Andere gehen nochmals aufs Feld. Es ist Sonntag, ein herrlicher heißer Sommertag. Das Heu ist „gestrangt“ (geschwadet), bereit zum Einfahren. Viele Helfer aus dem Verwandtschaftskreis sind gekommen. Da passiert es: Der Heutransporter verliert Öl, fällt aus wegen Motorschaden. Bauer Erwin wird deswegen nicht nervös. Er weiß, die Bergbauern halten zusammen, helfen sich gegenseitig aus. Tags darauf kommt der Bauer vom gegenüberliegenden Hof mit seinem Heutransporter. Es wird spät abends, die Uhr steht auf 21.30 Uhr, als die letzte Fuhre im Stadel ist. Bei der abschließenden Brotzeit erzählen Erwin und Karl, beide passionierte Jäger, von ihren Jagderlebnissen mit dem Rotwild. Das Rotwild ist sehr zahlreich in dieser Gegend. So kommen nachts die Tiere bis vors Haus und fressen Kräuter und Blumen aus dem Trog der Bäuerin Margret. Die Bäuerin nimmt’s gelassen, sie hat ein Herz für Tiere: „Die Hirsche sind Feinschmecker, die brauchen halt auch was zu fressen. Jo mei, so isch des holt“, sagt sie und nimmt einen Schluck vom Glas mit Bergwasser verdünntem Holundersirup. „Der Berg hat seine eigenen Gesetze“, höre ich sie immer wieder sagen, wenn sie mir von Geschehnissen am Berg berichtet.
Bauer Erwin ist ein Bauer mit größter Leidenschaft. Schon von Kind auf hat er den Umgang mit der Sense gelernt und als kleiner Hiatbua sich ein paar Groschen verdient, wie er mir erzählt. „Weißt Josef, i möcht für die Natur da sein, ihr was geben – vielleicht gibt sie mir einmal was zurück“, sagt er und greift prüfend mit seiner Hand ins duftende Heu. Es wird auch jeder Stängel, jede Brennnessel abgemäht. „Es geht nicht um die Handvoll Heu“, meint Bauer Erwin, „sondern sie soll auch schön sein, die Bergwelt mit Wiesen und Almen für Wanderer und Touristen. “ Nach der harten und umfangreichen Arbeit sind am Abend die Mühen und Plagen bei einem Feierabendbier auf der Bank vorm Haus oder dem Glas Rotwein in der gemütlichen Bauernstube schnell vergessen. Die Geselligkeit bietet einen schönen Tagesabschluss im Kreis der Bergbauernfamilie. Nach zwei Wochen geht es wieder nach Hause auf den Jura. Mit dabei sind schöne Erlebnisse und Erfahrungen über das Leben und die harte Arbeit auf einem Bergbauernhof in Südtirol. Der Untertappeinhof der Familie Lanthaler geht zurück auf das 14. Jahrhundert und liegt idyllisch auf einer Höhe von 1400 Metern oberhalb Schlanders am Sonnenberg im Vinschgau. Bewirtschaftet wird er von den Eheleuten Erwin und Margret Lanthaler. Tochter Maria sowie die beiden Söhne Gottfried und Pirmin leisten Unterstützung bei den bäuerlichen Arbeiten, sie arbeiten in anderen Berufen. In unmittelbarer Nähe steht eine renovierungsbedürftige kleine Kapelle. Tochter Maria ist um deren Erhalt bemüht und deshalb mit dem Denkmalschutz in Verbindung. Neben den Kühen auf der Alm und Weide leben weitere Tiere auf dem Hof, Ziegen, Schafe, Hühner, zwei Hunde und vier Katzen. EK