Erlebnisbericht aus dem Vinschgau – Mai/Juni 2021

Erlebnisbericht aus dem Vinschgau – Mai/Juni 2021

Mein Einsatzbericht – Südtiroler Bergbauernhilfe

 

Von 30.05.2021 bis 13.06.2021 war ich als Erntehelferin auf einen Milchviehbetrieb im Vinschgau im Einsatz. Untergebracht war ich im alten Bauernhaus, in einem gemütlichen Zimmer, wo ich mich wohl gefühlt habe.

Früh am Morgen, meist so gegen 06:30 Uhr ging es für mich los mit dem Füttern der Kühe und dem Reinigen des Melkgeschirrs. Um 7 Uhr wurde immer der volle Milchtank abgeholt, der nach dem Frühstück geputzt, gespült und getrocknet werden musste. Je nach Wetterlage ging es anschließend auf die Wiesen zum Mähen oder Rechen des Grases, das später in Ballen gepresst und in Folie verschweißt wurde (Grassilage).
Um ca. 12:30 Uhr gab es immer reichlich Mittagessen und dann eine Mittagspause von ca. 1 Stunde. Danach mussten die Kühe wieder gefüttert werden. Mit der Gabel wurde das Heu auf dem Futtertisch verteilt. Dabei war es anfangs schwierig die richtige Menge an Heu (viel, normal, wenig) mit dem Auge abzuschätzen und gleichmäßig zu verteilen. Wenn nicht gerade Arbeit auf der Wiese anstand wurden nun andere Aufgaben erledigt wie z.B. Kühe vom Stall auf die Weide treiben oder von der Weide auf die Alm. Dies hat mir immer besonders viel Spaß gemacht. Kühe die damit noch keine Erfahrung hatten mussten mit einem Stöckchen auf den richtigen Weg geleitet oder über Brücken geschoben werden. Vieh auf der Weide musste täglich mit frischen Gras und Wasser versorgt werden. Dazu wurde der Elektrozaun kurz abgestellt und die Pfosten versetzt. Das Jungvieh muss den Zaun zuerst lernen bevor es auf die Weide darf. Deshalb wurde hinterm Stall eine provisorische Weide aufgebaut und die Kühe die am Zaun schnupperten wurde mit einem Stromschlag bestraft. Sehr schnell lernten sie den Zaun zu fürchten. Bevor es auf die Weide ging bekam jede Kuh noch eine Glocke umgehängt was stellenweise kuriose Szenen verursachte, denn vom Läuten der Glocke davonzulaufen bringt nichts.

Manchmal war es auch nötig Kühe im Stall umzusetzen was zu großer Entrüstung und viel Gejammer führte. Nach einer kurzen Kampfphase, in der die Kräfteverhältnisse mit Kopfstoß bestimmt wurden, war aber nach kurzer Zeit Ruhe eingekehrt. Nur manche, vorher befreundete Kühe die nun weit auseinander standen, muhten noch etwas länger aus Protest.
Ab der zweiten Woche war zusätzlich eine Kuh mit Downer Syndrom (unfähig aufzustehen) nach dem Kalben mit Wasser aus dem Eimer zu versorgen. Um den Kreislauf in Schwung zu halten und Druckstellen zu vermeiden musste sie täglich 2x gewendet werden, was ein ziemlicher Kraftakt war. Gemolken wurde  von Hand mit etwas Improvisationskunst. Leider hat sich auch nach unserer intensiven Pflege und der täglichen Betreuung durch den Tierarzt der Zustand in den kommenden Tage nicht verbessert. Letztendlich kamen noch Fieber und Futter/Wasser Verweigerung hinzu. Da die baulichen Voraussetzungen in diesem Teil des Stalls für einen technischen Einsatz in Form eines Krans nicht geeignet waren wurde ein Provisorium aus Stahlstützen, Balken und Seilwinde errichtet um die Kuh für kurze Zeit in eine andere Position zu befördern. Leider blieb bis zu meiner Abreise der Gesundheitszustand sehr kritisch. Ich hoffe das Beste, befürchte jedoch das Schlimmste.
Die Bewässerung der Bergwiesen erfolgte über ein uraltes ausgeklügeltes System bei dem eine Rohrleitung vom fernen Bach in Richtung Beregner auf der Wiese gelegt wird. Ohne Bewässerung würde in diesem trockenen Tal nämlich nichts wachsen.

Wenn im Stall oder auf der Wiese meine Hilfe gerade nicht benötigt wurde half ich der Bäuerin im Garten. Spinat wurde geerntet und verzehr fertig eingefroren, Karotten gesät und Unkraut gejätet. Ab 17:30 Uhr war Abendessen und im Anschluss ging es ans Füttern der Kühe. Heu, Maissilage, Grassilage, Kraftfutter, Salz und Melasse wurden gegeben. Nach jedem Gang musste der Futtertisch gekehrt werden was meine Hauptaufgabe war. Nachdem der Jungbauer gemolken hatte wurde das Melkgeschirr nochmal gründlich gereinigt um für den nächsten Morgen startbereit zu sein. Um ca. 21 Uhr ging ein arbeitsreicher Tag zu Ende bei dem die Zeit wie im Flug verging und der Tag meist zu wenig Stunden hatte.
Als sehr tierlieben Menschen haben mich vor allem die Kälber begeistert, die Dinge lernen müssen von denen ich dachte das Wissen dazu sei automatisch vorhanden wie z.B. Gras auf einer Wiese fressen und Wasser aus einem Eimer trinken.
Die Bauersleute haben mich sehr herzlich aufgenommen und die Bäuerin war stets um meine ausreichende Ernährung besorgt. Das gute und reichhaltige Essen haben dafür gesorgt, dass ich die Zeit gut meistern konnte und genügend Kraft für die harte Arbeit hatte.

Fazit: Eine sehr arbeitsreiche Zeit, die mir viel Freude bereitet hat und die ganz anderes im Vergleich zu meinen normalen Alltag war. Wenn man mit Tieren arbeitet ist es leider nicht vermeidbar, dass es Krankheiten und daraus folgend Leid gibt, darauf muss man sich einstellen. Ich war stets bemüht den hart arbeitenden Bauersleuten bestmöglich unter die Arme zu greifen um ihnen etwas Erleichterung zu verschaffen.