Erlebnisbericht aus dem Vinschgau- Juni 2022

Erlebnisbericht aus dem Vinschgau- Juni 2022

Anreise: mit eigenem Pkw ca. 10 Std., Abfahrt ca. 2:30 h, Ankunft: ca. 13:00 h

Empfang: Sehr herzlich, ohne Stress, Die Bauersleute nehmen sich Zeit bis zum Abendessen für einen Erfahrungsaustausch und die Vorbereitung auf die Arbeit. Wir hatten von Anbeginn eine sehr gute Kommunikation.

Tagesablauf: Alle Mahlzeiten nahmen wir gemeinsam in der Küche zu uns. Vor dem Frühstück machte ich jeweils meine Gymnastik mit Frühsport und abends zur Entspannung meistens eine kleine Spazierrunde. Die Essenszeiten bestimmte jeweils die Arbeit. Mittag- und Abendessen gab es immer, aber immer erst dann, wenn ein gewisser Arbeitsschritt vor Ort abgeschlossen war, was für mich aber auch klar war. Auch während meiner Berufstätigkeit hatte ich mit meinem Team eine solche Flexibilität.

Arbeiten: Meist wurde erst beim Frühstück (je nach Wetterlage) die anstehende Arbeit für den Tag festgelegt. Meistens war ich mit dem Bauer zusammen bei der gleichen Arbeit. Während er z. B. mit den unterschiedlichen Maschinen das Gras mähte, mähte ich mit der Sense die Ränder, in denen kein Maschineneinsatz möglich war.

Beim Heu einholen fuhr der Bauer den Heuwagen, während ich alleine oder meist mit Unterstützung seiner Schwester das Heu zusammenrechten und ihm zum Schluss beim Aufnehmen in den Heuwagen mit Heugabel und Heurechen unterstützten.

Mitunter wendete der Bauer mit dem Heuwender am Traktor das Heu, während ich dies mit der Heugabel tat. Im Heustall musste dann jeweils der Heuwagen abgeladen und das Heu mittels Gebläse an die passende Stelle im Heustall verfrachtet werden. Hierbei half ich meistens den Heuwagen zu entleeren und das Heu näher zum Bauer zu gabeln, der es dann dosiert in das Gebläse beförderte, ebenfalls mit der Heugabel.

Beim Holz holen z.B. fuhr er natürlich den Traktor. Beide überlegten wir, wie wir den Baumstamm am einfachsten aus dem Wald ziehen konnten, um ihn klein zu sägen. Danach sägte er mit der Kettensäge, die er zuvor jeweils schärfte, den Baumstamm auf dem Weg in 25 cm bis 40 cm lange Stücke des Stammes und beseitigte alle seitlichen Äste. In dieser Zeit warf ich die zu kleinen seitlichen Äste in den angrenzenden Wald oder lud die größeren Äste und die abgeschnittenen Baumstammteile auf den Traktor und warf zum Schluss die auf dem Weg liegenden kleinen Äste auch in den angrenzenden Wald. Meistens waren wir zeitgleich fertig, wobei die Arbeiten des Bauers stets mit mehr Kraftaufwand und auch mit mehr Verantwortung verbunden waren, als meine.

Am Ende dieser Arbeit fuhren wir auf den Hof zum Holzlagerplatz, wo wir dann gemeinsam das Holz abluden. Alle von uns im Wald zerkleinerten und zum Hof gebrachten Stammholzstücke wurden in den 3 Wochen von mir mittels Axt, Beil und Vorschlaghammer mit Stahlkeil zerkleinert in ofengerechte Stücke, die die Bauersleute dann im Ofen verbrennen konnten.  Lediglich die Teile, welche händisch nicht klein genug aufzubereiten waren überließ ich dem Bauer, der diese dann mit dem elektrischen Spiral – Spalter zerkleinerte. Diese habe ich auch gelernt, aber der Bauer ließ mich dies nur in Ausnahmefällen ausführen und nur in seiner Gegenwart, was ich auch verstand und akzeptierte.

Im hinteren Garten sah ich, dass dieser stark verunkrautet war und habe am ersten Tag, an dem keine dringenden Tätigkeiten für mich anstanden, vorgeschlagen, den Garten in Ordnung zu bringen, was die Familie natürlich sofort akzeptierte. Darüber hinaus beseitigte ich Unkraut, Gras, hohe Brennnesseln etc. im Bereich der an Johannisbeeren und pflückte diese meistens alleine, aber einmal auch zusammen mit dem Bauer.

Als letzte meiner erwähnenswerten Tätigkeiten mistete ich mit dem Bauer Ställe aus, indem ich mit einer stabilen Grabgabel und danach einer extra kurzen Flachschaufel die Ställe (mit extrem komprimiertem Mist) auf den bereitstehenden Schubkarren lud, den der Bauer dann auf den Traktor fuhr.

Die Aufteilung der einzelnen Arbeiten war wie folgt:

Arbeiten mittels Sense= ca. 3,5 Tage
Heu machen, auf den Wiesen und im Stadel = ca. 5 Tage
Bäume im Wald fällen, zerkleinern, zum Hof fahren= ca. 2 Tage 
Stammholzstücke händisch zerkleinern= ca. 3,5 Tage
Garten vom Unkraut beseitigen= ca. 2 Tage 
Johannisbeersträucher säubern/ Johannisbeeren ernten= ca. 1,5 Tage
Ställe ausmisten= ca. 0,5 Tage

Wie von mir gewünscht war die Arbeit zwar extrem anstrengend, aber auch sehr abwechslungsreich. Es kam nie Langeweile auf und trotz dem Berg an Arbeit den vor allem der Bauer vor sich sah war ich überrascht und fast begeistert von der Ruhe und der Fachkompetenz mit der er seine Arbeit vorbereitete und ausführte. So wurden vor jedem Einsatz alle Maschinen und Geräte überprüft, Sensen Mähbalken und Kettensäge schnell und dennoch sehr präzise geschliffen. Trotz meiner 41 Jahre Berufserfahrung im Baugewerbe und intensiver Kommunikation mit Dutzenden von fachlich versierten Personen in allen Sparten der Bauunternehmung so darf ich mit sehr viel Respekt und Anerkennung feststellen, dass ich in diesen Jahrzehnten keinen besseren und kompetenteren Fachmann in den unterschiedlichsten Fachbereichen erlebt habe als diesen Bergbauer.  In den wenigen Pausen, die er sich leistete oder nach Feierabend haben wir uns stets herzlich, ehrlich und oft auch amüsant unterhalten bei immerzu einer hervorragenden Atmosphäre.

Auch mit der Bäuerin war die Kommunikation ausgezeichnet und auf Grund meiner objektiv komplizierten Ernährung habe ich stets versucht darauf zu achten, dass der Aufwand für die Essenszubereitung sich in einem akzeptablen Rahmen bewegte. In der 2. Woche fuhren wir dann gemeinsam in eine andere Ortschaft und kauften dann ein paar spezielle Lebensmittel im Bio – Laden ein. Auf meiner Rückreise konnte ich dann feststellen, dass dies nicht notwendig gewesen wäre, weil der nächstgelegene Sparmarkt eine genügend große Auswahl auch an biologischen Lebensmitteln hat.

Gerne hätte ich der Bäuerin bei der Küchenarbeit mehr unterstützt, aber die „Feldarbeit“ hatte natürlich Vorrang, entsprechend war dafür keine Zeit. Bereits nach kurzer Zeit hatte ich einen groben Überblick über all die Arbeiten, die kurz- aber und mittelfristig auszuführen waren. Dabei wurde mir klar, dass ein Bergbauernhof in dieser speziellen Konstellation übers ganze Jahr 2 erwachsene Sachkundige und gesunde Personen für den Außenbereich benötigt. Dies konnte eine Person unmöglich alleine bewältigen.

Bei all den Äußerungen über die Arbeit darf ich natürlich auch erwähnen, dass ich bereits am 1. Wochenende mit der Tochter eine Wanderung unternahm und diese meine mangelnde Fitness, natürlich auch bedingt durch die für mich ungewohnten äußerst anstrengenden Tage zuvor, ertragen musste. So benötigten wir fast 2,5 Stunden für die ca. 350 m Höhenunterschied. Oben angekommen erfrischte ich mich beim Schwimmen in einem ca. 15 °C warmen Gewässer und genoss natürlich die herrliche Aussicht sowohl oben, als auch immer wieder zwischendurch.

Auch durfte ich am letzten Wochenende auf dem Hof sonntags mit auf die Kuhalm auf über 2.000 m fahren, dorthin wo die Kühe und älteren Ziegen des Hofes den Sommer genießen durften– ein besonderes Erlebnis für mich – auch das Gespräch mit der aktuellen Sennerin vor Ort, die täglich ca. 900 l Milch zu Butter, Joghurt und Käse verarbeitete.

Fehlen darf natürlich nicht der Hinweis, dass uns die Mutter des Bauers 3 mal besuchte und sich persönlich bei mir für die Hilfe auf dem Bauernhof bedankte. Entsprechend hatte ich auch eine gute Verbindung und Kommunikation mit der ehemaligen Bäuerin. Sie übergab mir sogar ein kleines Präsent aus Freude über die Unterstützung am Hof. 

Bei 2 Familienfesten durfte ich zudem teilnehmen und lernte so bei stets guter Stimmung den Großteil der Großfamilie kennen. Ja nach 3 Wochen war ich schon fast als „Familienmitglied“ integriert, was mich sehr gefreut hat.

An 2 kleinen Hilfestellungen der Familie kann man auch ausmachen, wie sehr Ihnen daran gelegen war, dass ich mich wohlfühlte. Bereits in der ersten Nacht konnte ich nicht gut schlafen. Dies lag nicht an der Umstellung, sondern an einer Matratze, die für kranke Menschen gedacht war, entsprechend dicht und luftundurchlässig war, weshalb ich aus dem Schwitzen nicht mehr herauskam. Als ich dies morgens mitteilte, hat man mir sofort eine neue Matratze gegeben. 
Der 2. Fall betraf meine Ausrüstung. In der 2. Woche, bei der erneuten Heuernte löste sich die Sohle an meinem rechten teuren Meindl – Schuh ab und eine Woche später auch die Sohle des linken Schuhes. Beide wurden danach unverzüglich auf Kosten der Bauersfamilie fachgerecht repariert, was ich nicht erwartete. Aufgehalten aber wurden wir hierdurch nicht, da ich insgesamt 3 Paar Bergschuhe mitgenommen hatte.

Last but not least komme ich zu der Bergbauernhilfe selbst und kann aus Überzeugung und auch nachdem ich Euch persönlich kennenlernen durfte sagen, dass Eure Vorbereitung der Helfer auf diese Arbeit vorbildlich ist. Wenn Helfer oder Helferinnen mit den Arbeiten auf dem jeweiligen Hof nicht zurechtkommen, so liegt dies auf keinen Fall an zu wenig oder gar falschen Informationen und Vorbereitungen durch Euch. Diese Informationen und Vorbereitungen sind aus meiner Sicht nicht nur nicht zu beanstanden. Selbst ich, als durchaus auch kritische Person natürlich immer nur aus Sicht der Optimierung und nicht der Kritik, sehe auch nach den 3 Wochen keinerlei Verbesserungspotential an Eurer Vorbereitung.

Alles in allem war ich sehr dankbar in den 3 Wochen einen Hof unterstützt zu haben, der diese Unterstützung benötigt und auch verdient hat. Bereits heute freue ich mich, Euch Südtiroler im Bereich der Bergbauernhilfe im Herbst wieder unterstützen zu können.
Bleibt bis dahin bitte alle gesund und so herzlich wie bisher – Euer Helfer