11 Jan Erlebnisbericht aus dem Vinschgau-Oktober 2022
Auf der Suche nach schönen Wanderungen und Almen bin ich im Internet auf die Bergbauernhilfe Südtirol gestoßen. “Freiwillige Arbeitseinsätze für Bergbauern in Not” – nach vielen touristischen Besuchen in Südtirol ein ganz neues Thema für mich. Beim Durchlesen einiger Erlebnisberichte über Einsätze auf Bergbauernhöfen wurde ein Funke in mir gezündet. Ich habe mich spontan beworben und bekam einige Hofvorschläge, die meinem gewünschten Einsatzbereich entsprachen. Man kann ganz konkret auswählen, ob man mehr in der Landwirtschaft, Stall oder Feld, der Küche, im Gastbetrieb oder anderen Bereichen mithelfen möchte. Schon im Vorfeld habe ich mich über die kompetenten Kollegen der Bergbauernhilfe in Bozen gefreut, die bei Fragen immer zeitnah reagierten und sich um Formalitäten und Versicherung während des Einsatzes kümmerten.
Erstmals im Mai 2021 und dann, leider mehrfach von den Corona-Entwicklungen ausgebremst, erst wieder im Oktober 2022, habe ich für jeweils eine Woche auf einem Bergbauernhof im Vinschgau mitgeholfen. Angereist mit der Bahn wurde ich am Bahnhof von der Bergbäuerin und dem Hofhund mit dem Auto abgeholt und herzlich empfangen. Dann ging es in Serpentinen hinauf bis auf 1.500 m ü. M. zum Bergbauernhof. Abgeschieden hoch über der Welt klebt der Hof da am steilen Wiesenhang.
Die ersten ein, zwei Tage dauerte es, bis ich mich eingearbeitet und bestimmte Aufgaben zugeteilt bekommen hatte. Morgens um 6 Uhr ging es los im Kuhstall, wo es immer schön warm war, obgleich draußen oberhalb des Hofes noch jeden Morgen eine dünne Reifschicht oder ein dünner Teppich Schnee lag. Der Blick frühmorgens in der Dunkelheit hoch zum klaren Himmel und den Sternen war überwältigend, die Lichter des erwachenden Tals lagen fernab und weit unter mir. Zu jeder Tages- oder Nachtzeit war der Blick in die umliegenden Gebirgsriesen und hinab ins Tal überwältigend und erfüllte mich mit innerer Freude.
Über den Tag gab es verschiedene Tätigkeiten, die ich übernommen und erledigt habe, Holz aus dem Schuppen in den Heizraum bringen, Einstreu auffüllen, den Terrassengarten vom Unkraut befreien, beim Kochen mithelfen, gemeinsam mit der Bäuerin über die Wiesen wandern und Blüten sammeln, um Sirup einzukochen… … aber auch Fleisch einer geschlachteten Kuh zerteilen und zum Einfrieren vakuumieren. Und jeweils morgens und abends im Kuhstall mithelfen. Schafe haben gelämmert, Kälbchen wurden geboren, die Hufpflege bei den Rindern wurde durchgeführt, Kartoffeln ausgebuddelt und geerntet, Mist auf den steilen Wiesen verteilt… Arbeit gibt es immerzu.
Der Sonntag war mein freier Tag und ich hatte jedes Mal das Glück, dass die Sonne schien und ich eine schöne Wanderung machen konnte. Durch die Zeit auf dem Bergbauernhof habe ich vieles gelernt und einen Blick mit großer Hochachtung für die Arbeit und den Alltag auf einem Bergbauernhof bekommen. Es ist ein beschwerliches Leben, das wenig Freiheit für Muße und Hobbies lässt. Die Versorgung der Tiere bestimmt den Rhythmus – über das ganze Jahr, und auch die Arbeit auf den Feldern und Wiesen folgt einem vorgegebenen Takt. Jede helfende Hand ist willkommen! Zwar habe ich meine freie Zeit eingebracht und körperlich anstrengende Arbeiten erledigt, indem ich in Stall und Garten mitgeholfen habe, im Gegenzug konnte ich dafür immer Fragen zu allen Themen der Landwirtschaft stellen und habe so viel Neues gelernt und erlebt. Und nicht zu vergessen die herausragende Kochkunst der Hofbäuerin, die mich als Vegetarierin köstlich verwöhnt hat. Überhaupt waren die Mahlzeiten auf dem Hof gemütliche Momente der Begegnung, der Diskussionen, des Lachens – anregend, innig und unvergesslich! Ich fühle mich bereichert und kann mich nur bedanken! Hoffentlich kann ich auch dieses Jahr wieder für einige Tage Gast auf dem Hof sein… hoch über der Welt, an einem zwar anstrengenden, aber wunderschönen Arbeitsplatz. Birgit