04 Aug Der Teckbote – Juli 2020
Fernab von Corona
Reise Das Leben auf einem Bergbauernhof in 1800 Metern Höhe in den Südtiroler Bergen erlebten Sabine und Martin Reinke hautnah mit. Es war ein „Urlaub“ der etwas anderen Art.
Südtirol, ein Paradies für Alpinisten, Wanderer und Erholungssuchende: Sabine und Martin Reinke, beide Jahrgang 1962, wollten tiefer einsteigen in ein Leben fernab von Tourismus und Postkartenidylle und zogen hinauf zu einer Bergbauernfamilie im Südtiroler Pustertal, um das Leben der Menschen dort kennenzulernen.
Der Hof wurde bereits im 16. Jahrhundert erwähnt und nun in dritter Generation im Besitz einer Familie. An die anfängliche Zeit der Bewirtschaftung in erster Generation erinnern noch alte Bilder. Erst in den 1980er Jahren wurde der Berghof an das Stromnetz und 1991 an das Straßennetz angeschlossen.
Im Herbst dieses Jahres findet im Leben der Bergbauernfamilie generationsbedingt ein großer Umbruch statt. Der Alleinversorgerhof wird verlassen und drei Generationen finden im neu erbauten Biobetrieb mit Ferienwohnungen ein neues Zuhause. Dieser Wandel wundert nicht, denn bisher ist die Wochenstruktur fast ausschließlich durch Arbeit vorgegeben, die Versorgung der Tiere, das Mähen der Wiesen in extremer Steillage und die Pflege des Bergwalds.
Das Ehepaar Reinke tauchte ein in dieses, von Arbeit bestimmte Leben. Vorwiegend Mähen stand auf ihrem Programm, teils mit Sense und Sichel. Durch die Größe der Wiesen und die Steillage war das Heuen eine oftmals scheinbar nie endende Tätigkeit. Martin Reinke erinnert sich an einen Traum, in dem das Wenden des Grases für ihn kein Ende fand.
Die notwendigen und oftmals herbei ersehnten Pausen waren glücklicherweise auch im Tagesablauf fest verankert und sorgten für das Auftanken neuer Kräfte. Hier zeigten sich die Schätze der Bergbauernfamilie: Erzeugnisse und Produkte aus eigener Herstellung wie Brot, Butter, Joghurt, Speck, Graukäse, Grießnudeln, Strauben, Marillenknödel und Schlutzkrapfen. Martin Reinke konnte sich mit Alblinsen, handgeschabten Spätzle und Saitenwürstle revanchieren. Allerdings war auch das Kochen auf dem mittels Holz befeuerten Herd eine Herausforderung – wie das Leben dieser Bergbauern. Es gewährte nur kurze Verschnaufpausen.
Heustaub, der in der Nase juckt, ist das eine. Steigerungsfähig ist das Ganze noch, wenn, wie vor Jahrzehnten, das Heu mit einer „Kraxe“ auf dem Rücken den Hang hinaufgetragen werden muss. Für Sabine, eine gebürtige Schlattstallerin, und Martin als Bergbauernhelfer war dies teils beschwerlich. Doch für die Bäuerin stand noch die Versorgung der Tiere an, während die Eheleute Reinke sie bei der Arbeit im Haushalt unterstützte. Nach anstrengendem Tagwerk fiel der Ausklang des Abends oft kurz aus, bei einem Südtiroler Viertele mit Blick auf das imposante Panorama.
Die Arbeit und das gemeinsame Leben mit der Bergbauernfamilie auf einem sehr einfach eingerichteten und ohne gewohnten Komfort ausgestatteten Hof verlangte dem Paar einiges ab, inklusive einem oftmals als rau empfundene Umgangston.
Nach ihrer Rückkehr wurden beide gefragt, ob sie denn nun Urlaub vom Urlaub benötigen würden, was die Beiden aber verneinen. Die positiven Eindrücke und Erlebnisse überwiegen und sind nachhaltig. Vorstellbar für beide ist eine Wiederholung des Abenteuers.