04 Okt Dolomiten – Oktober 2023
Erntedank für über 17.000 Tagwerke
Feier: Verein freiwillige Arbeitseinsätze blickt auf ein erfolgreiches Jahr 2023-Rückblick in Zahlen und Bildern-Weniger Helfer aus Südtirol
Sarnthein (br). Viele helfende Hände unterstützen freiwillig und unentgeltlich Südtiroler Bergbauernfamilien bei der harten Arbeit – im Stall, auf dem Feld und im Haus. „17.000 Tagewerke leisteten sie heuer“, sagte Georg Mayr, Obmann des Vereins Freiwillige Arbeitseinsätze (VFA) bei der Erntedankfeier am Samstag im Sarner Bürgerhaus.
Aus nah und fern waren die Helfer gekommen, dazu viele Förderer, die hinter dem Verein stehen. „Ihnen allen gilt unser großer Dank: der Freiwilligen, die vielfach noch mitten im Berufsleben stehen und auch andere Möglichkeiten hätten, ihre Freizeit zu verbringen, und den Gönnern, ohne die unser Verein nicht auskommt“, betonte Obmann Mayr.
Ein Wortgottesdienst mit Ortspfarrer Basilius Schlögl leitete die Feier ein, musikalisch gestaltete sie Birgits Singgruppe mit. Rechen, Milchkanne und Hackstock schmückten – passend zum Anlass – die Bühne. In Bildern blendete der Verein zurück auf das Einsatzjahr mit den Helfern beim Mähen und Heuen auf fast senkrechten Hängen, im Stall auf Du und Du mit den Kühen und beim gemütlichen Plausch nach getaner Arbeit.
Mit 75,8 Prozent erreichten die freiwilligen Arbeitskräfte aus Deutschland eine Rekordbeteiligung. Auf 11 Prozent sank der Anteil der Südtiroler. Die Pusterer allerdings legten zu, ebenso die Unterlandler. Rückläufig, aber immer noch führend ist der Bezirk Bozen.
Alles in allem war 2023 wieder ein erfolgreiches Jahr und Anlass für den VFA, von Herzen zu danken. „Ihr stellt euch dieser Freiwilligenarbeit und geht dabei weit aus eurer Komfortzone heraus; danke, dass ihr zu uns gefunden habt“, sagte Monika Thaler, die die Arbeitseinsätze koordiniert und die richtigen Helfer dem richtigen Hof und der richtigen Familie zugeteilt. Da war Aurelia Namuth, die in 2 Jahren 217 Einsatztage leistete, da war Leo Driessen, ein Rechtsanwalt mit Landwirtschaftserfahrung, und da war Monica Insam, die Südtirolerin, die seit 2009 jährlich eine Woche für den Freiwilligeneinsatz freihält. Sie und andere wurden – stellvertretend – für ihren Einsatz geehrt.
„Ihr helft im Hintergrund – ohne großes Aufsehen“, sagte Sarntals Bürgermeister Christian Reichsigel. Dieser Dienst sei ein Dienst an der Gesellschaft.
„Es ist wichtig, dass die Menschen zusammenhalten – über die Landes- und auch Sprachgrenzen hinweg“, betonte Landeshauptmann Arno Kompatscher. Die freiwilligen Arbeitseinsätze seien eine großartige Geschichte, ein Dienst an den Menschen auf den Bergbauernhöfen und am Land.
„Ihr seid Botschafter für die Berglandwirtschaft“, hob Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer hervor. Für die Arbeitskraft der Freiwilligen dankte Landesbäuerin Antonia Egger. „Es ist aber mehr, ihr bringt auch viel Menschlichkeit ein“, unterstrich sie.
4 Organisationen sind Träger des Vereins Freiwillige Arbeitseinsätze: Bauernbund, Caritas, Lebenshilfe, Jugendring. Sie dankten den Mitarbeitern im Büro, die die Arbeitseinsätze organisieren (v.l.): Claudia Tscholl, Brigitte Hofmann, die Mitarbeiter Isabel Zelger, Manuel Kröss und Monika Thaler, Obmann Georg Mayr, Tanja Rainer.
„Es tut beiden Seiten – freiwilligen Helfern und Bauern – gut, neue Kontakte zu knüpfen, die vom eigenen Alltag ablenken.“ Georg Mayr, Obmann des Vereins Freiwillige Arbeitseinsätze
2023 in Zahlen
Dreiviertel der Helfer sind aus Deutschland
Sarnthein (br). Beim Erntedankfest zog der Verein Freiwilliger Arbeitseinsätze Bilanz – in Zahlen:
- 1853 Freiwillige meldeten sich für einen Einsatz auf Südtirols Berghöfen.
- Sie leisteten insgesamt 422 Einsatztage.
- 75,8 Prozent der Freiwilligen kamen aus Deutschland, das ist Rekord. 11,9 Prozent sind Südtiroler, 6,8 Prozent Italiener und 3,8 Prozent Österreicher.
- Mit 26,3 Prozent stellte der Großraum Bozen die meisten Südtiroler Helfer, gefolgt vom Pustertal (23 Prozent), Unterland (20,2), Eisacktal (15,5), Burggrafenamt 10,8 Prozent) und Vinschgau (4,2 Prozent).
- 50,3 Prozent der Freiwilligen sind Männer, 49,7 Prozent Frauen.
- Die stärkste Gruppe sind die Jahrgänge 1951 bis 1960 mit 26,8 Prozent, gefolgt von den Jahrgängen 1941 bis 1950 (19,6 Prozent) und 1961 bis 1970 (17,3 Prozent).
- Die Helfer standen auf 259 Höfen im Einsatz.
- Die meisten Ansuchen von Bauern kamen aus dem Vinschgau mit 37,9 Prozent.
„Josef ist ein Sechser im Lotto“ Erfahrungen: Vinschger Bäuerin ist überwältigt von so viel Hilfsbereitschaft
Sarnthein (br). „Mein Publikum ist normalerweise das Vieh im Stall, hier vor den vielen Leuten zu reden, macht mich schon ein bisschen nervös“: So begann Maria Lanthaler, Bäuerin auf dem Tappein-Hof im Vinschgau, ihren Bericht über die Erfahrungen – seit 5 Jahren. Die Bergbauernfamilie wusste nicht, was und wer auf sie zukommt. „Der Debütant Josef entpuppte sich als Sechser im Lotto – mit Zusatzzahl, erzählt die Bäuerin. Er ist von morgens bis abends am Arbeiten und kommt jedes Jahr wieder. Längst ist auch eine Freundschaft entstanden, die über die Zeit auf dem Hof hinausgeht. Aber auch andere freiwillige Arbeitskräfte beherbergt die Familie auf dem Hof – und ist „immer wieder überwältigt von so vielen helfenden Händen“. Sie packen mit an, misten den Hennenstall aus. Flicken Zäune, ernten Beeren und gehen ins Heu. „Manchmal haben wir es auch mit versteckten Profis zu tun, wie mit Karina, einer Studentin der Landwirtschaftsarchitektur. Mit einem kräftigen Zug brachte sie die Motorsäge zum Laufen, und die Hecken hatten keine Chance mehr“, erzählt die Bäuerin.
Lanthalers Fazit nach 5 Jahren: “Wir können viel voneinander lernen und Verständnis füreinander entwickeln.“ Die Helfer holten die Bauersleute aus ihrem Alltag heraus. Zugleich seien sie Botschafter und könnten ihrem vielmals städtischen Umfeld aus erster Hand berichten, wie es auf den Bergbauernhöfen zugeht und dass jede Kuh einen Namen hat.
„Ich fiel abends müde ins Bett“ Arbeitseinsatz: Schülergruppe aus Münster hilft auf 9 verschiedenen Höfen
Sarnthein (br). 900 Kilometer Anfahrt hatten die Schüler aus Münster in Nordrhein-Westfalen bei ihrem freiwilligen Arbeitseinsatz auf Südtirols Berghöfen heuer im Sommer, die lange Strecke in Kauf nahmen sein nun erneut um beim Erntedankfest des Vereins Freiwillige Arbeitseinsätze am Samstag in Sarnthein dabei zu sein. „Wir sind eine Gruppe von 17 Schülern der Friedensschule Münster, 12. und 13. Klasse, und wir waren auf 9 verschiedenen Höfen im Einsatz – zu zweit und einer von uns auch alleine“, sagte der 17-jährige Denis Sandmann. Eine Woche lang war er auf dem 1100 Meter hoch gelegenen Holzner-Hof im Gemeindegebiet Schenna im Einsatz. Der junge Mann half bei der Heuarbeit auf den steilen Wiesen, bei der Stallarbeit und manchmal auch in der Küche. Es war sein erster Einsatz als freiwilliger Helfer auf einem Südtiroler Bergbauernhof, und es war ein besonderes Erlebnis. „Die Arbeit auf dem Hof ist viel anstrengender, als ich gedacht habe, aber es war immer schön, das Ergebnis zu sehen.“, erzählt Sandmann. Er treibt viel Sport und ist Anstrengung gewöhnt. Dennoch fiel er am Abend immer müde ins Bett. „Mein freiwilliger Arbeitseinsatz auf dem Berghof in Schenna war eine sehr schöne und eine ganz besondere Erfahrung.“, resümiert der Schüler aus Münster.