29 Jul Erlanger Nachrichten – Juli 2018
Eine andere Art Südtirol kennen zu lernen
Auf der Suche nach Freiwilligen: Besuch bei der Bergbauernhilfe in Erlangens neuer Partnerstadt Bozen
Seit kurzem ist Bozen Partnerstadt von Erlangen. Ein malerischer Ort, den nicht wenige als Urlaubsziel schätzen. Es gibt aber noch ganz andere Möglichkeiten, Südtirol kennen zu lernen. Beispielsweise beim ehrenamtlichen Arbeitseinsatz bei der Südtiroler Bauernhilfe.
ERLANGEN/BOZEN – „Momentan ist es eine Katastrophe. Es gibt nichts Schlimmeres, als Absagen zu erteilen. Als zu sagen: Wir haben derzeit niemanden für dich.“ Monika Thaler von der „Bergbauernhilfe“ ist verzweifelt. Die Zahlen der Freiwilligen, die sich in ihrem Büro in Bozen melden, sind rückläufig. Die Nachfrage an Helfern hingegen steigt von Jahr zu Jahr. Der „Verein Freiwillige Arbeitseinsätze in Südtirol“ hat sich zum Ziel gesetzt, durch die Vermittlung Ehrenamtlicher jenen Bergbauernfamilien zu helfen, die in eine Notlage geraten sind oder deren Höfe sich in extremen Lagen befinden. Thaler: „Die erschwerten Bedingungen werden von der Agrarpolitik nur zum kleinen Teil ausgeglichen. Dennoch bewirtschaften unsere Bergbauern ihre Höfe weiter.“ Meist aus Verbundenheit zum steilen Berghof und zur Natur.
Die Unterstützung erfolgt durch die Mitarbeit von Menschen, die sich bereiterklären, eine gewisse Zeit am Hof freiwillig und unentgeltlich mitzuarbeiten und den Bauersleuten von früh morgens bis spät abends an sechs Tagen in der Woche helfend zur Seite zu stehen. Die Mindesteinsatzdauer beträgt eine Woche. Wie lange man darüber hinaus am Hof mithilft, hängt vom Helfer selbst ab.
Auch die Erlangerin Silvia Klein hat schon mehrere Wochen mit ihrem Mann auf einem Hof ausgeholfen – und ist immer noch begeistert, wenn sie davon berichtet. „Bereichernd war vor allem der persönliche Kontakt zum alten Bauern, den wir unterstützt haben. Wir telefonieren immer noch regelmäßig.“
Ein Aufenthalt in Südtirol per Vermittlung der „Bergbauernhilfe“ ist eine ganz spezielle Art, Land und Leute kennen zu lernen – und offeriert dabei die Chance, ein Stück gefährdete Kultur zu erhalten. So sieht es auch Klein: „Wir haben in der Vergangenheit so viele schöne normale Urlaube in Südtirol verbracht und uns immer an der wunderbaren Landschaft erfreut. Da war es auch mal an der Zeit, etwas an die Menschen zurückzugeben, die durch ihre Arbeit auf den Bergbauernhöfen und auf den Almen das alles pflegen und erhalten.“
Rund 300 Höfe werden von der „Bergbauernhilfe“ betreut. Über drei Viertel der Helfer bei den knapp 2000 Einsätzen im vergangenen Jahr waren aus Deutschland oder Österreich. Nicht wenige der Freiwilligen sind Menschen, die gerade eine Auszeit vom Beruf nehmen oder bei denen die Kinder frisch aus dem Haus sind. Thaler: „Es gibt auch immer wieder welche, die auf einem Bauernhof groß geworden sind und seit Jahren nichts mehr mit der Landwirtschaft zu tun hatten.“
Aber: Die Arbeit auf den Bergbauernhöfen ist anstrengend, da sich die Höfe meist in extremen Lagen befinden. Vielfach bedarf es bloßer Handarbeit , da Maschinen in den steilen Hängen kaum eingesetzt werden können. Der Reiz der Einsätze liegt für viele darin, die Lebensweise der Bergbauern „hautnah“ zu erfahren. Umso größer ist Thalers Bewunderung für viele der Helfer (gerade) aus Deutschland: „Wenn ihr euch was in den Kopf gesetzt habt, dann zieht ihr das auch durch. Selbst, wenn ihr Blasen an den Händen habt.“