Erlebnisbericht aus dem Ahrntal- August 2024

Erlebnisbericht aus dem Ahrntal- August 2024

Familienurlaub einmal anders: statt wie sonst zusammen die Berge zu erwandern, konnten wir dieses Mal 2 Wochen lang in den Bergen wohnen und arbeiten, immer mit dem imposanten Blick auf die Zillertaler Alpen im Ahrntal.

Da wir mit unserem 16-jährigen Sohn zu dritt waren, waren unsere Hofvorschläge begrenzt auf Bergbauern, die ihren Hof allein bewirtschaften und in ihren Bauernhäusern entsprechend genug Platz für 3 Gäste haben.
Helfende Hände sind hier in allen Bereichen gefordert, sowohl im Haus als auch im Stall und bei der Heuernte.
Unsere erste Wahl fiel auf einen kleinen Hof im Ahrntal, allein schon wegen des einzigartigen Ausblicks vom Hof auf die Zillertaler Alpen, dazu eine einladende gemütliche Sitzecke…nur der Bauer schien relativ jung zu sein, so dass wir bezweifelten, ob er wirklich so viel Hilfe benötigte. Jedoch zeigte sich hier schnell, Bilder von Bergansichten veralten nicht, wohl aber die eines Bauern! „Unser Bauer“ war schon in den Anfängen von „Bergbauernhilfe Südtirol“ vor etwa 25 Jahren sozusagen als „Pilotbauer“ dabei gewesen und der abgebildete 50jährige ist nun bereits in seinen Mitsiebzigern!

Ein Telefonat vor unserer Abfahrt klärte schnell, dass wir nicht allzuviel mitzubringen hatten, Gummistiefel jeder Größe waren zahlreich vorhanden, lediglich je einen Satz Arbeitskleidung (zwei können nicht schaden, falls das Wetter doch mal schlechter ist und die Sachen nicht so schnell trocknen – zumal es ist nicht auszuschließen, dass man auch mal in der „Mistrinne“ im Kuhstall ausrutscht 😉 und einen Satz Hauskleidung, dazu gute, am besten hohe Wanderstiefel…
Als sehr nützlich erwiesen sich noch unsere alten Radhandschuhe. Sie haben uns viele Blasen an den Händen erspart!

Dank des gut ausgebauten ÖPNV in Südtirol erreichten wir mit Bahn und Bus problemlos die am Hof nahegelegenste Ortschaft und nach einem langen Tag sitzend im Zug, wanderten wir abends lieber das kurze Stück hoch zu „unserem Hof“ als uns mit dem Auto abholen zu lassen.

Ein herzlicher Empfang am späten Abend, ein Glas bestes Wasser aus der hauseigenen Quelle in der gemütlichen Küche, sehr hilfreich ein paar einführende Notizzettel unserer Vorgängerinnen, die das Wichtigste für die nächsten zwei Wochen erläuterten, dann bezogen wir unsere zwei, mit alten Bauernmöbeln eingerichteten, sauberen Zimmer im oberen Stock und stellten den Wecker auf 6 Uhr morgens.

Jeder Tag beginnt für uns um 6.30 Uhr mit Stallarbeit, Frühstück vorbereiten und die für den Tag benötigte Milch abzweigen. Im Stall gab es 7 Milchkühe und 2 Kälbchen. Oben auf der Alm weideten noch 4 weitere Kälber. Der Bauer genießt es, dass er einmal „nur“ fürs Melken zuständig ist. Wir übernehmen das „Mist-Fahren“, Heu füttern, geben den Kälbchen die frische Kuhmilch und verwöhnen die Kühe mit einer Striegeleinheit.

Um 7.30 Uhr gibt es dann ein gemeinsames Frühstück mit Eiern, Brötchen, gutem Käse, Mortadella, Schinken und Mirabellenmarmelade.
Da wir komplett für das Essen zuständig sind, können wir es ganz nach unseren Wünschen variieren. Am ersten Tag ist jedoch die Speisekammer recht übersichtlich und leer.

Jeden Tag bis spätestens 11 Uhr muss die Milchkanne am Fiat angehängt den Berg runtergefahren werden zum Abholort durch die Sennerei. Am ersten Tag fahren wir alle mit und früher los und kombinieren die Tour mit einem Großeinkauf, teilen uns auf, denn es muss auch noch dringend ein Ersatzteil für den Melkeimer in Bruneck organisiert werden.
Den Einkauf legen wir erst einmal aus.
Abgerechnet wurde am Ende. Auch wenn es problemlos war, würden wir beim nächsten Mal vorher nach dem zur Verfügung stehenden Budget fragen und danach den Speiseplan ausrichten.
Aber sonst sind wir „ganz frei“ – wir entscheiden, was es die nächsten Wochen zu essen gibt – nur zu ausgefallen sollte es nicht sein, eher bodenständig, gerne fleischhaltig, aber auch ein vegetarisches Mittagessen wird gerne mal in Kauf genommen.

12 Uhr ist Mittagessen – am ersten Tag muss es also nach dem Großeinkauf schnell gehen und es gibt einen großen Topf Nudeln Carbonara. Am besten bleibt gleich noch ein Rest für das Abendessen übrig oder wird für den Bauern für die dürftigeren, hilfefreien Zeiten eingefroren.
Nach dem Mittagessen war oft noch ein bisschen Zeit zum Ausruhe oder wie unser Bauer so schön sagte: „Zeit, die Ofenbank zu plätten“ bevor es dann meist mit der Heuernte losging.

Wir hatten zwei Wochen bestes Erntewetter für den zweiten Schnitt. So mähte oder wendete der Bauer meist an den Vormittagen seine Wiesen soweit wie möglich mit seinen Maschinen. Bei den ganz steilen Lagen halfen wir dann mit Sense und Rechen.
Da die Wiesen frühestens ab dem späten Vormittag in der Sonne lagen, wurde das Heu oder Gras für das Silo immer erst am Nachmittag eingeholt.
Bis in die steilsten Lagen kraxelte unsere Bauer trotz seines Alters mit hoch, um das Heu da, wo die Maschine nicht mehr einsetzbar war, die Hänge mit herunterzuharken.
Während wir alle mal den Abgang machten, arbeitete unser Bauer sicher wie eine Bergziege am Hang. Eine Freude war es immer wieder, wenn die Heurolle schwer genug war und sich auf einmal den Hang herunterrollend, selbstständig machte oder Blick in einer Verschnaufpause über das fantastische Bergpanorama schweifen konnte. Unten wurde das Heu mit dem Heuauflader aufgenommen.

Nach getaner Arbeit gab es das obligatorische Kaffee trinken draußen vor der Tür mit Blick auf die Berge – am liebsten mit selbst gebackenem Kuchen. Für uns war dann erst einmal eine kurze Pause angesagt, der Bauer aber musste mit seinem Schwebekran meist noch das Heu oder Gras in die Belüftung bzw. Silo verfrachten.

Pünktlich um 17.30 Uhr riefen dann erneut Kühe und Stallarbeit und das Abendessen musste vorbereitet werden.

Eine intensive Zeit, an die wir gerne zurückdenken, ausgefüllt und doch komplett entschleunigt, nie langweilig, wir werden es wiederholen, dann vielleicht noch ein paar Tage anhängen, um diese fantastischen Berge auch ein wenig erwandern zu können.

Ein großer Dank an den Bauer, der uns diesen Einblick ins Bergbauernleben ermöglicht hat, für die vielen interessanten Gespräch und seine Gastfreundschaft!