01 Aug Erlebnisbericht aus dem Martelltal – Juni 2023
Erfahrungsbericht Helfereinsatz im Martelltal
Und heuer nun zum vierten Mal ein Einsatz auf einem Bergbauernhof. Dieses Mal ein neuer Hof. Wieder ein alleinstehender Bauer. Der Hof liegt auf 1.500 m. Auf dem Steckbrief der Südtiroler Bergbauernhilfe sah der Bauernhof verdammt alt aus! Die Spannung stieg, als wir das Vinschgau verließen und ins Martelltal einbogen. Auf der schmalen Bergstraße zum Hof hofften meine Schwester und ich, dass uns niemand entgegenkam. Glück gehabt! Der Bauer wartete schon und begrüßte uns freundlich. Als nächstes zeigte er uns den Hof und dann unsere Unterkunft. Ein neues, sehr komfortables und solides mehrstöckiges Wohnhaus, das wir allein bewohnten.
Der Bauer selbst wohnt – für uns unverständlich – noch in seinem sehr alten Haus. Ein traumhafter Ausblick vom Balkon hinunter nach Martell. Pudelwohl haben wir uns in dem Haus gefühlt. Ein Aktivurlaub der besonderen Klasse! Ansonsten war das gesamte Anwesen schon sehr in die Jahre gekommen. Unser Bauer ist der letzte noch arbeitsfähige Spross seiner Familie und bewirtschaftet seine 6 und zusätzlich die 3,5 Hektar Wiesen seines 87jährigen, nicht mehr arbeitsfähigen Bruders völlig allein. Alles Steilhänge! Ohne Helfer undenkbar! Und auch mit Helfern kaum zu schaffen. Die Hauptarbeit bleibt ja dennoch an ihm hängen. Das unermüdliche Schaffen auch dieses Bauern nötigte uns wieder einmal größten Respekt ab.Der nächste Tag zeigte sich regnerisch und wir fuhren zunächst mit dem Dorfbus zum Einkaufen in den kleinen Supermarkt ins Dorf, auf Empfehlung unseres Bauern mit erweiterter Streckenführung zur Stallwiese. Wirklich schön dort oben, aber richtig begeistern konnte uns das Wirtshaus und der Traumblick erst am zweiten Sonntag, als wir mit unserem Vorjahresbauern den freien Tag mit einer tollen Wanderung begingen und dort ausklingen ließen. Als uns der Vorjahresbauer am Hof absetzte, fanden wir es toll, dass er unserem diesjährigen Bauern ungefragt beim Heuabladen half.
Dann klarte das Wetter auf und wir konnten mit der Hilfe bei der Heuernte beginnen. Wahnsinn, wieviel Kondition man auf den Steilhängen brauchte! Der Duft des Heus in der Kombination mit den traumhaften Ausblicken machte wirklich Spaß. Dennoch kamen wir oft an unsere Grenzen. Da war gegenseitiges moralisches Aufrichten notwendig! Zweimal am Tag das Arbeiten an den Steilhängen, unterbrochen nur von der Pause zur Zubereitung und Einnahme der Mittagsmahlzeiten, war verdammt schwierig. Manches Mal haben wir uns gefragt, wie der gleichaltrige Bauer mit seinen kaputten Kniegelenken diese Arbeit überhaupt schaffen kann. Und mit sehr schlechtem Gewissen sind wir dann gegen halb 5/halb 6 von der Heuarbeit dann völlig erledigt nach Hause geschlichen, um das Abendbrot herzurichten bzw. für den Folgetag das Mittagessen vorzubereiten, während der Bauer weiter am Feld arbeitete. Aber länger hätten wir einfach nicht gekonnt! Bei den bisherigen Bauern ging die Arbeit auch nie aus, war jedoch abwechslungsreicher. Aber was solls, das Heu musste nun einmal rein. Zu groß waren die abzuerntenden Flächen! Und natürlich wollte der Bauer vorankommen, das schöne Wetter nutzen. Und wir haben ihm trotz der körperlichen Belastung gern geholfen.
Kaum zu glauben, aber ein Regentag im Stall beim Ausmisten, wo wir teilweise die Spitzhake nutzen mussten, war insgesamt doch leichter als die Arbeit am Steilhang. Und da war viel Mist zu beseitigen! Wir sind halt Flachländer, nicht als Hanghühner geboren. Was uns an unserem Bauern gefiel, dass er uns nie reingeredet hat. Wir durften sehr selbständig arbeiten und haben dabei auch Fehler gemacht. Zum Beispiel haben wir, da wir allein aufs Feld gegangen waren und angefangen hatten, das Heuwenden oben am Hang begonnen. Jetzt wissen wir, wie es leichter geht! Hätten wir aus den Vorjahren wissen müssen. War aber irgendwie im Laufe des Jahres wieder verschütt gegangen. Richtig schwer ist uns der Dialekt des Bauern gefallen. Anfangs haben wir fast nichts verstanden, im Laufe der zwei Wochen wurde es besser. Aber nicht wirklich gut. Viel haben wir in den Gesprächen erraten müssen. Aber irgendwie ging das schon.
Spaß hat es uns gemacht, unseren Bauern zu bekochen, ja richtig zu verwöhnen. Wir denken, dass ihm das auch gefallen hat. Abends half meine Schwester gern im Stall. Die meisten Tiere waren ja in der Sommerfrische auf der Alm. Aber Arbeit gibt es auch dort immer. Eine tragende Kuh und ein 3 Wochen altes Kalb mussten versorgt werden. Am letzten Abend dann DIE Überraschung: Ein Kälbchen wurde geboren. Nicht ganz einfach. Es war eine Querlage und musste erst von einem eilig herbeigeholten Helfer gedreht werden. Aber alles gut gegangen und die Kuh schenkte dem Bauern ein Mädchen. Meine Schwester musste bei der Geburt mithelfen. Ein strahlender Bauer und glückliche Helfer. Dieses Kälbchen wird am Hof verbleiben. Ein wunderschöner Abschluss war das für uns!
Gern kommen wir im kommenden Jahr wieder! Und wir werden weiterhin die Werbetrommel für freiwillige Arbeitseinsätze auf Südtiroler Bergbauernhöfen rühren. Es ist eine tolle Erfahrung und man wird geerdet!
Doris D. & Marlen O.