10 Aug Erlebnisbericht aus dem Pustertal – Juli 2021
Salat im Kopf!
Ein Erfahrungsbericht meiner dreiwöchigen Bergbauernhofreise
Wie mir ein Rechen, ein Edelweiß, ein Trachtengürtel und ein Stein zeigten, worauf es im Leben wirklich ankommt.
Rechen à Steht für das Arbeiten, die harte, erfüllende Arbeit der Heuernte à der Weg ist das Ziel, aufgehört wird erst dann, wenn das Heu in der Scheune gelagert ist. D.h., wenn die Aufgabe komplett erledigt ist.
Edelweiß à Sie steht für mich für die schöne einzigartige Berglandschaft, die vielen Blumen. Finden werden sie Menschen, die sich die Zeit nehmen, sich mit ihrer Umgebung zu beschäftigen, zu pflücken und für die kleinen Freuden im Alltag eines anderen Menschen zu sorgen.
Trachtengürtel à Besondere Traditionen, Rituale und konservative Lebensstiele zeigen, dass das Moderne, Neue nicht um jeden Preis der bessere Weg in Richtung Zukunft ist.
Stein à Berge und Gipfel laden dazu ein, ruhiger, gelassener zu werden. Vom Gipfelkreuz im Jetzt zu sein, ohne dauerhaften Zielen hinterherzurennen. Und stolz auf das zu sein, was in diesem Moment z.B. des Bergkletterns eigentlich wichtig gewesen ist.
Auszeit! Ich bin dann mal weg! Einfach etwas Gutes für mich und Menschen, die Hilfe gebrauchen können, zu tun. Ein schulpädagogisches Konzept für einen Wanderbauernhof, Mehrgenerationenwohnen. Mit diesen Zielen plante ich meine dreiwöchige Reise auf einen Bergbauernhof in Südtirol. Auf dem Bergbauernhof hoffte ich, Antworten auf die vielen Fragen, sowie aufregenden Ziele im Beruf, meiner Freizeit und im Privatleben in meinem Kopf zu finden.
Eines hatte ich bis zum diesem Zeitpunkt vergessen. Wer bin nochmal ich? Welche Bedürfnisse sind mir wichtig? Mir war jedoch schon vor meiner Reise bekannt, wenn ich wieder heimkehren würde, würde sich einiges ändern.
Am Tag meiner Ankunft wurde ich von der Bauernfamilie gefolgt von Laika dem Hofhund herzlich begrüßt. Ein warmes Mittagessen und ein hell eingerichtetes Schlafzimmer stärkten mich sogleich von der langen Anreise und in meiner Vorfreude, auf dem Hof eine gute Zeit zu haben. Ich berichtete von meinen Gründen, Zielen für meine Entscheidung, meine Sommerferien nicht mit Unterrichtsvorbereitungen zu verbringen, sondern auf dem Hof, im Haus, dort wo Unterstützung nötig war, mit anzupacken.
Eine erste Frage:“ Sind dir Tiere auch lieber als Menschen?“ sollte mich während der gesamten Hofwochen begleiten. Für eine spontane Antwort hatte ich gerade noch Zeit, bevor wir einen Zaun auf der Alm in 2150 m Höhe bauten. 2 Kühe mussten mit dem Trecker hochgebracht werden. Ich merkte schnell, dass nun für den Rest der Zeit weniger der Kopf, sondern vor allem die Hände zum Arbeiten gefordert waren. Bei einem Zwischenstopp wurde ich vor eine besondere Herausforderung gestellt, sogleich 10 Kühe auf die Alm zu treiben. Bevor ich mir überlegen konnte, ob sie mich wohl verstehen würden, stand ich schon vor dieser Aufgabe. Bei jedem Schritt, den ich die Kühe über den schmalen Weg zur Alm treiben sollte und dem Klang der Kuhglocken an ihren Hälsen merkte ich, dass Entschlossenheit, Aufmerksamkeit und die Annahme von Verantwortung für die Herde von diesem Zeitpunkt an, bis zum Ende der Zeit auf dem Hof wichtig sein würden. Viel Zeit für die Bewunderung der schönen Bergumgebung auf der Alm blieb in diesem Moment nicht. Ein neuer Zaun musste gebaut und versetzt werden.
Auf der Alm müssen aufgrund der winterlichen Lawinengefahr Pfosten und Elektrozaun jedes Jahr neu gebaut, wöchentlich versetzt und im Herbst abgebaut werden. So können die Kühe, die trocken gestellt und nicht auf das regelmäßige Melken angewiesen sind, dort bis zum Herbst stehen. Neben den Kühen auf der Alm verweilen auf den Almwiesen ebenfalls 24 Schafe und sind zum Beispiel für das Abgrasen auf dem Joch zuständig. So mancher Ausbruchsversuch der Schafe und die Verlegung des Weideortes der Kühe zeigten mir einmal mehr, wie wichtig die Unterstützung und Hilfestellung von Nachbarn, Freiwilligen, Minijobbern auf Bergbauernhöfen, aber auch Bauernhöfen in flachen Ebenen ist. Vom ersten Tag an fand ich meinen Lieblingsplatz, das Joch. Wir bauten und arbeiteten 4 Stunden auf der Alm, bevor es wieder zurück auf den Hof ging. Das Abendessen mit frischen Kaffee, Brötchen und kleinem Gebäck stand schon bereit. Denn auf einem Hof, auf dem viel körperliche Arbeit gefordert ist, darf ein gutes Essen nicht fehlen. Mit einem guten Gefühl und etwas Müdigkeit endete mein erster Tag auf dem Bergbauernhof.
Mein Arbeitstag begann jeden Morgen um 7.30 Uhr. Zu den ersten Aufgaben am Tag gehörte das Melken, Ausmisten, Füttern und Putzen der Kühe. Dieser routinierte Ablauf gehörte schon bald zu meinen Lieblingsbeschäftigungen und Selbstverständlichkeiten am Morgen vor dem Frühstück. Denn ohne das Füttern und Melken der Kühe, würde es auch keinen Kaffee mit frischer Milch geben. 10 Kühe mussten täglich morgens und abends gemolken werden. Die Menge an Heu, Kraftfutter, Getreide die eine Kuh oder auch ein Schaf für sich, die Versorgung eines Kälbchens und eine angemessene Milchleistung benötigte erstaunte mich jeden Tag von Neuem. Auch die tägliche Versorgung der Ziege mit ihrem Kitz war wichtig, damit sie auch regelmäßig an den Hängen frisches Gras fressen konnte. Manchmal trank ihr Kitz die gesamte Milch aus. Manchmal gab sie bis zu 3 Litern Milch. Ziegenmilch ist eiweißhaltiger als Kuhmilch, hat weniger Fett. Ich bin großer Fan der Ziegen-/ aber auch frischen Kuhmilch geworden. Nach dem Melken ging es zum Frühstücken. Bei einem guten Frühstück auf dem Bauernhof durfte der Kaffee natürlich nicht fehlen. Nach dem Frühstücken wurde zunächst das Wetterradar verfolgt. Ohne Wind, Sonne und Trockenheit konnte auch kein Heu gemäht, gerecht und eingesammelt werden. Regen bedeutet in der Landwirtschaft, warten auf die Sonne und keine ausreichende Ernte. Somit hätten die Tiere auf dem Hof auch kein ausreichendes Futter für die langen Wintermonate. Neben gutem Schuhwerk für den Hang, merkte ich ebenfalls, dass das sichere Stehen und Gehen, dabei Rechen des Heues einmal mehr herausfordernd sein würde. Der richtige Stand und die entsprechende Technik mit dem Rechen fand ich schnell heraus.
Doch bevor neues Heu in der Scheune genügend Platz finden konnte, musste zunächst das alte Heu, das aufgrund der steilen Hänge lose gelagert und getrocknet werden muss, gepackt werden. Schon bald gehörten das richtige Stapeln von Heu und auch das Rechen zu meinen täglichen Aufgaben. Ein routinierter Ablauf, den Heuberg in der Scheune oder das lose Heu auf den Hängen liegend zusammenzurechen, forderten Motivation, Entschlossenheit, aber auch das Durchhaltevermögen das Heu auch trocken in die Scheune zu bringen. Besonders gut gefiel mir am Rechen, dass zum Ende des Tages unsere Arbeit erkennbar war. Gemeinsam dasselbe Ziel, fertig zu werden zu verfolgen und sich nicht darüber zu ärgern, dass noch so viel zu tun ist.
Nach der Heuernte folgte ein leckeres Abendessen, bevor die Kühe gemolken werden mussten. Nach dem Melken ging ein langer Arbeitstag mit einem zufriedenen Lächeln zu Ende. In den nächsten Tagen und Wochen gehörte ebenfalls die tägliche Arbeit im Haus, das Aufräumen, Bewirtschaften, Kochen zu meinen täglichen Aufgaben. Während der Aufgaben wurde mir einmal mehr bewusst, dass auf dem Hof, im Haus, Garten und für die Versorgung jedes Tieres (Hund, Katze, Huhn, Schaf, Kuh) jede helfende Hand (Mutter, Vater, Sohn, Tochter, von Kindern, Jugendlichen) wichtig ist und gebraucht wird. Zufrieden und glücklich von der erfüllenden Arbeit jeden Tag schlief ich abends ein.
Neben täglichen Routinen, kleinen Veränderungen im Tagesablauf merkte ich, dass sich die Fragen, mit denen ich meine Reise begonnen hatte, sich durch das tägliche Arbeiten von selber beantworteten.
Denn am Ende der Reise zeigten die Mitbringsel ein Rechen, Edelweiß, Trachtengürtel und auch der Stein für die Berge, dass es wichtig ist im Jetzt zu sein, den Moment zu leben und nicht sein Leben ausschließlich durch das Erreichen von Zielen zu strukturieren und wertzuschätzen. Anzukommen, ein zu Hause zu schaffen, mit Menschen, die man gerne hat. Füreinander da zu sein, Aufgaben zu verteilen, aber auch gegenseitige Rücksichtnahme und dann zu helfen, wenn Hilfe benötigt wird, gehören von jetzt an zu den neuen Erfahrungsschätzen, die ich täglich in meiner Erinnerung halten möchte. Arbeit auch mal weiterzumachen, wenn der Wille etwas anderes sagt. Jede Aufgabe, ob ich sie mag oder nicht auch anzunehmen. Eine besonders neue, für mich erfüllende Aufgabe, für eine große Familie ein zu Hause zu schaffen, zu kochen und in Zukunft Aufgaben dieser Art mit voller Freude nachzugehen.
V.a. aber mit dem Wunsch in Zukunft auch jüngere Menschen in der Schule durch mögliche Kooperationen in der Landwirtschaft neue soziale und berufliche Erfahrungen machen zu lassen und auch in Zukunft wieder mehr Generationen voneinander lernen zu lassen.
Mein großer Dank geht an die Bauernfamilie für die Erfahrungen, die Zeit, die vielen Momente, die ich als Erfahrungsschätze für mein gesamtes Leben benötigen werde. Hoffentlich auf ein Wiedersehen.