04 Nov Erlebnisbericht aus dem Vinschgau September 2019
Ein herzliches HALLO aus meiner Heimat am Mittelrhein, ca. 700 Kilometer nordwestlich von Bozen gelegen, in die Geschäftsstelle der Freiwilligen Bergbauernhilfe Südtirol.
Zwischenzeitlich sind schon wieder mehr als vier Wochen vergangen, seit ich von meinem diesjährigen Arbeitseinsatz im Vinschgau zurückgekehrt bin.
In meinem Rückblick auf den ersten Arbeitseinsatz bei Euch in Südtirol, den ich 2015, dem Jahr nach meiner Pensionierung als Kriminalbeamter absolvierte, habe ich ein wenig prophetisch in die Zukunft geschaut und geschrieben:
„Mein Entschluss steht; ich werde mich, so Gott will, nächstes Jahr wieder bei Euch melden und gerne auch wieder zu meinem Hof reisen.“
. . . und so sollte es werden. In diesem Jahr war ich nun schon zum fünften Mal im Vinschgau und habe die Familie, soweit es in meinen Möglichkeiten und meinen Fähigkeiten stand, bei der Bewältigung des ganz normalen Bergbauerndaseins unterstützt. Zurückliegend hatte ich mich zwar einige Male mit dem Gedanken beschäftigt, den jeweils nächsten Arbeitseinsatz einmal auf einem Hof in einer anderen Region Südtirols ab zu leisten, doch die zwischenzeitlich gewachsene Bindung an die Menschen und die Umgebung auf dem Hof und zum Vinschgau setzte sich dann doch immer durch.
Dass ich das Projekt „Freiwillige Bergbauernhilfe“ auch weiterhin unterstützen würde, daran bestand für mich schon nach meinem ersten Aufenthalt kein Zweifel.
Bewusst hatte ich meine diesjährigen Einsatzwochen in den September gelegt, natürlich auch in Absprache mit der Bäuerin; zurückliegend war ich jeweils in der Zeit zwischen April und Juni auf dem Hof. Ich wollte die Bergbauernwelt auch einmal im Spätsommer und beginnendem Herbst erleben und Kennen lernen.
Das Kennenlernen setzte dann auch schon auf der Anreise ein; von Landeck kommend musste ich feststellen, dass die Wiesen rechts und links der Straße zunehmend verschneit waren und auch die Anfahrt zu dem auf annähernd 1800 Metern Höhe gelegenen Hof ließ meine Sommerreifen einige Male durchdrehen.
Beim Begrüßungskaffee klagte die Bäuerin dann auch schon ihr Leid, dass nämlich der zweite Schnitt auf Grund der anherrschenden instabilen und regnerischen Wetterlage noch nicht erfolgt sei. Deutlich spürte ich die Sorge der Bäuerin, dass das Heu nicht mehr unter Dach und Fach gebracht werden könne und ihr diese Menge zur Fütterung in den Wintermonaten möglicherweise fehlt. Am anderen Morgen war`s auch nicht besser, wir suchten uns Arbeit im angrenzenden Bergwald, wo noch Holz einzusammeln und für den Transport zum Hof bereit zu legen war.
Aber der Wettergott hatte ein Einsehen mit den Bergbauern und die Wetterprognose kündigte trockene Tage mit steigenden Temperaturen und Sonnenstunden an. Somit war der Schwerpunkt unserer Arbeiten festgelegt. Es galt die Wiesen zu mähen und zum ersten Mal erlebte ich als „Flachlandtiroler“, welcher Aufwand damit in den Steillagen verbunden ist und welche Vorsicht man bei diesen Arbeiten walten lassen muss.
Konkret bekam ich es dann zu spüren, als die steilsten Flächen von Hand gewendet und zusammengemacht werden mussten; ach ja; der Ziehrechen kam dabei auch zum Einsatz. Hier bei uns gilt im Zusammenhang mit körperlich schwerer und anstrengender Arbeit die Redewendung, dass dies doch nur etwas für Diejenigen sei, die Vater und Mutter totgeschlagen haben 🙂
Bei einem meiner Rückblicke hatte ich in Verbindung mit dem auswechseln von Zaunpfosten einmal geschrieben, dass man sich nach diesen Arbeiten am Abend nicht mit Einschlafschwierigkeiten quälen muss. So war es auch an den hier in Rede stehenden Tagen der Heuernte. Die Müdigkeit setzte sich konsequent durch. Nun sind mir als begeisterter Wanderer auch Touren durch die Berge nicht ganz fremd und ich weiß, wie kräftezehrend das auf und ab sein können. Gerne hätte ich einmal gewusst, wie viele Höhenmeter ich beim diesjährigen zweiten Schnitt bewältigt habe 🙂
Wie gesagt, der Wettergott war uns hold und wir haben unser Heu dann doch noch eingebracht und nach der letzen Fuhre stieg auch ein wenig Stolz in mir auf, meinen Teil dazu beigetragen zu haben.
Auch jetzt, wenn ich hier an meinem Schreibtisch sitze und diese Zeilen verfasse muss ich unweigerlich daran denken, mit wie viel Stolz einerseits, wie vielen Sorgen und Zukunftsängsten andererseits, beides gepaart mit einer Menge an Liebe zum Hof und der Heimat, die Menschen auf den Bergen Südtirols ihren Alltag meistern. Hut ab davor!
Etwas, was mir besonders guttut und was ich sehr hoch einzuschätzen weiß sind die abendlichen Stunden am Küchentisch, wenn wir nach getaner Arbeit, manchmal noch verschwitzt und mit Dreck und Speck, zusammensitzen. „Hart arbeiten adelt“ haben die alten Leute hier früher gesagt und so genieße ich diese Zeiten bei Tiroler Speck und Bergkäse und natürlich Südtiroler Wein; quasi als Lohn für meine Arbeit.
Ihr lieben Leute vom Verein Freiwillige Arbeitseinsätze in Bozen, DANKE auch für die telefonische Kontaktaufnahme und Nachfrage nach meinem Befinden; auch ein kurzes Telefonat kann die Botschaft übermitteln, dass die Person am anderen Ende der Leitung und ihre Arbeit wertgeschätzt werden.
Es grüßt ganz herzlich
„Knecht auf Zeit“
Alfred Neckenich