Hessische Allgemeine – Juli 2020

Hessische Allgemeine – Juli 2020

Im Urlaub rufen Ihn die Berge

Timo Gerhold vom KSV Baunatal leistet ehrenamtliche Arbeit in Südtirol

Vom Vorstandsbüro des KSV Baunatal direkt nach Südtirol als freiwilliger Helfer der Bergbauern: Diesen Gegensatz erlebt derzeit Timo Gerhold. Er engagiert sich seit Anfang Juli für drei Wochen bei einem ehrenamtlichen Arbeitseinsatz im Rahmen der Südtiroler Bergbauernhilfe. Gerhold ist zum zweiten Mal als Erntehelfer auf einem kleinen Bergbauernhof auf 1800 Metern Höhe im Langtauferer Tal. „Ich hatte mir das eigentlich für später einmal vorgenommen“, berichtet er. Nach einem einschneidenden Lebensereignis habe er dann nach neuer Inspiration gesucht – auch und gerade im Urlaub.

„Wären da nicht die täglichen E-Mails vom Job in Baunatal, würde ich mich vermutlich komplett in den Bergwelten verlieren“.

Gerhold lebt bei Bauer Ewald Thöni, der mit seiner Lebensgefährtin Mirjam und Tochter Julia eine kleine Landwirtschaft mit sieben Milchkühen, Jungvieh und einigen Ziegen bewirtschaftet. „Die zum Hof gehörenden Wiesen sind extrem steil und zum Teil sehr weit voneinander entfernt. Keine der Wiesen wäre zum Beispiel mit Traktoren befahrbar“, berichtet Gerhold. Das Mähen, Wenden und Einbringen des Heus müsse daher in mühevoller Handarbeit erfolgen – ohne Unterstützung wäre das kaum zu schaffen. „Mit der Sense konnte ich zwar schon vorher recht gut umgehen“, erzählt der Vorstandsvorsitzende des KSV Baunatal, „wie ich aber an Hängen mähen sollte, die so steil sind, dass man kaum einen Stand findet, musste ich sehr mühsam erlernen.“ Die körperliche Arbeit im alpinen Gelände sei für Ungeübte extrem anstrengend. Sie werde an sieben Tagen in der Woche erledigt, wenn das Wetter mitspielt –„meist von sehr früh morgens bis in die Abendstunden“. Wenn Gewitter droht oder Regenschauer nahen, geht es laut Gerhold im Laufschritt über die Bergwiesen. Neben der Heuarbeit mache er sich in den Almkäsereien des Hochtales und als Hobbyimker am kleinen Bienenstand des Hofes nützlich. „Ab und an habe ich das Glück und darf bei der Bergjagd dabei sein“, berichtet Gerhold, der in Felsberg im Schwalm-Eder-Kreis lebt. Er sei jeden Tag aufs Neue davon beeindruckt, mit welchem Fleiß und welcher Demut vor der Natur die Menschen Arbeiten verrichten.

Als Erntehelfer wohnt er bei der Bauernfamilie – somit lerne er ihre Lebensgewohnheiten, Freuden und Sorgen kennen. Er sei bei der freiwilligen Arbeit so weit weg vom Alltag, dass er schon nach wenigen Tagen fast wie ein Bergbauer gefühlt und gedacht habe. „Wären da nicht die täglichen E-Mails vom Job in Baunatal, würde ich mich vermutlich komplett in den Bergwelten verlieren“, so Gerhold. Die Südtiroler Bergbauernhilfe unterstütze jeden Interessierten dabei, den passenden Hof zu finden (siehe Hintergrund).

Hintergrund
Der Verein „Freiwillige Arbeitseinsätze in Südtirol“ organisiert die Bergbauernhilfe. Es gibt ihn seit 1996. Gegründet wurde er aus der Erkenntnis heraus, dass Mithilfe bei der Arbeit für den Fortbestand eines Südtiroler Bergbauernhofes wichtig ist – so beschreibt es der Verein auf seiner Internetseite. Das Ziel ist es, hilfsbedürftigen Bergbauern durch die Mitarbeit von Freiwilligen in einer schweren Zeit zu helfen – etwa, wenn jemand durch Krankheit oder Tod ausfällt. Bergbauern, die in eine Notlage geraten sind, soll geholfen werden, damit sie ihren Hof weiter bewirtschaften und somit ihre Existenz sichern können.