15 Okt Raiffeisen Nachrichten – Oktober 2021
Eine Börse der besonderen Art: Verein Freiwillige Arbeitseinsätze
Der Verein Freiwillige Arbeitseinsätze in Südtirol bringt Bauern, die Unterstützung auf ihren Höfen brauchen und Menschen, die gerne helfen zusammen. Es funktioniert, seit mittlerweile über 25 Jahren.
Monika Thaler ist die Koordinatorin des Vereins Freiwillige Arbeitseinsätze, der beim Südtiroler Bauernbund angesiedelt ist. Seit mittlerweile 15 Jahren vermittelt sie und ihr Team Freiwillige an Bergbauern, die Hilfe brauchen. Monika Thaler erklärt: „Das Ziel des Vereins Freiwillige Arbeitseinsätze ist es Bergbauern zu helfen, die in eine Notlage geraten sind und dringend Hilfe benötigen, um Ihren Hof zu bewirtschaften und ihre Existenz zu sichern.“
Vor kurzem hat der Verein Freiwillige Arbeitseinsätze in Sarntal sein 25jähriges Bestehen gefeiert. Im Rahmen der Feier bedankte sich Georg Mayr bei allen Unterstützern, darunter auch der Raiffeisenverband Südtirol. Der langjährige Obmann weiß, dass es den Verein ohne das große Engagement der Freiwilligen und der finanziellen Unterstützung von außen nicht geben würde: „Der Verein hat keine direkten Einnahmen, da weder Freiwillige noch Bauern etwas bezahlen. Die Landesbeiträge reichen nicht aus, um die Kosten für Büro, Organisation und Versicherung abzudecken. Wir sind auf Spenden angewiesen.“ Wie herausfordernd die finanzielle Situation des Vereins auch sein mag, das Interesse an der Bergbauern-Börse steigt seit Jahren. Sowohl die Nachfrage an freiwilligen Helfern als auch das Interesse von einsatzbereiten Freiwilligen nimmt zu. Erst Corona brachte einen Einbruch: Wie Monika Thaler berichtet, gab es 2021 aufgrund der Einreisebeschränkungen und der unsicheren Situation am Arbeitsmarkt rund 26 Prozent weniger Anfragen: „Manche Bauernfamilien haben ihr Gesuch auch aus Angst vor Ansteckung zurückgezogen“, so Thaler.
Bei ihrer Arbeit legt die Koordinatorin großen Wert auf die persönliche Betreuung aller Beteiligten: „Uns ist es wichtig, dass sich Freiwillige und Bauern bei uns als Vermittlungsinstitution wertgeschätzt fühlen. Deshalb suchen wir den direkten Kontakt.“ Ein ausführliches Erstgespräch mit den Bauern – meist direkt am Hof – zählt dabei ebenso dazu, wie das Fingerspitzengefühl bei der Suche nach den passenden Helfern. Helfer sollten nämlich in der Lage sein, die Situation, die sie vorfinden, anzunehmen, ohne zu werten und einfach anpacken, wo Hilfe gebraucht wird. Auch das Zwischenmenschliche muss stimmen, da hier Menschen aufeinandertreffen, die meist auf engen Raum miteinander leben.
Die Verteilung der Helfer obliegt dem Verein. Die Notfälle kommen zuerst. Monika Thaler: „Bei Notfällen setzen wir Menschen mit viel Erfahrung ein. Danach immer nach bestem Wissen und Gewissen. Es hilft nichts junge Menschen ohne Erfahrung zu einem Notfall zu schicken.“
Viele der Freiwilligen kommen schon seit Jahren nach Südtirol und haben inzwischen eine gute Beziehung zu „ihren Bergbauern“ aufgebaut. Rund 70 Prozent der Helfer kommt aus Deutschland. Auch viele Südtiroler melden sich zu den Einsätzen auf den Bergbauernhöfen, sogar im Winter. Es gab auch schon Helfer aus Amerika und Russland. Sie alle engagieren sich freiwillig, weil sie ihre Freizeit sinnvoll nutzen wollen oder einen Ausgleich zu ihrem Alltag suchen. Das Verhältnis zwischen Männer und Frauen ist dabei ausgeglichen. Oft kommen auch Paare, die gemeinsam auf einen Hof arbeiten möchten. In diesem Jahr haben sich 1.900 Freiwillige gemeldet und 1.200 Freiwillige effektiv 17.000 unentgeltliche Arbeitstage für insgesamt 270 bäuerlichen Familien geleistet. Monika Thaler betont: „Es ist immer wieder ergreifend, wie sehr sich Leute engagieren. Mich beeindruckt das sehr, denn wer von uns schaufelt sich diese Zeit frei?“
Mittlerweile verfügt der Verein über einen Grundstab an Helfern, die auch kurzfristig für ein bis zwei Wochen abrufbar sind. Und dank der neuen Medien funktioniert die Suche nach Freiwilligen, gerade bei kurzfristiger Suche, mittlerweile gut.
„Ohne die Menschen, die uns die Hand reichen also ohne die freiwilligen Helfer, können wir gar nichts tun“, so Monika Thaler. Dennoch reiche das große Engagement der Freiwilligen am Hof langfristig nicht aus, um das Überleben der Berglandwirtschaft zu sichern, denn dazu müsse die Arbeit der Bauern anerkannt werden. Monika Thaler: „Wir sollen auch bereit sein, für die Lebensmittel aus dem eignen Land gerechte Preise zu zahlen.“
Kasten:
Wer sich für die freiwillige Arbeit am Bergbauernhof interessiert, kann sich beim Verein Freiwillige Arbeitseinsätze melden. Über Steckbriefe der Höfe inklusive Fotos, Lageplan und Anfahrtsskizze erhalten Interessierte einen ersten Eindruck vom möglichen künftigen Arbeitsumfeld. Details und persönliche Anliegen können direkt über den Verein geklärt werden. Erst nachdem die Bauern unter den interessierten Freiwilligen die für sie passendste Person ausgesucht haben, kommt der Kontakt zwischen Helfer und Bauernfamilie zustande.
Kontakt und Anmeldung unter:
- Tel. +39 0471 999309
- Fax: +39 0471 999491
- Email: Info@Bergbauernhilfe.it